Die Menschen werden immer älter und die Sozialsysteme sind unter Druck. Im internationalen Vergleich arbeiten die Deutschen im Durchschnitt wenig. Was im Koalitionsvertrag an Reformen stehe, werde auf Dauer nicht ausreichen, kritisiert Reiche.
Der Sozialstaat wächst so stark wie noch nie, vor allem Pflege und Arbeitslosigkeit treiben die Ausgaben hoch. Der Gesamtbetrag stieg 2024 um 83 Mrd. Euro oder 6,6 % auf den neuen Höchststand von 1345 Mrd. Euro. Das nicht inflationsbereinigte Wirtschaftswachstum war in 2024 mit 2,9 % viel geringer als das Sozialwachstum von 6,6 %.
Die Menschen in Deutschland werden immer älter und fordern so die Tragfähigkeit der Sozialsysteme heraus. „Der demographische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machen es unumgänglich: Die Lebensarbeitszeit muss steigen“, sagt Reiche. „Es kann auf Dauer nicht gut gehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen“.
Schon vor Jahren hat die Wirtschaftsweise Prof. Dr. Monika Schnitzer gefordert, wir müssten mehr und länger arbeiten, jetzt geht sie noch einen Schritt weiter. Sie findet den „Boomer-Soli“ für nachdenkenswert. Die Babyboomer haben seit den 70er-Jahren nicht genug Kinder bekommen, um die Bevölkerungszahl ohne Zuwanderung konstant zu halten. Das bedeute, dass immer weniger Menschen im Erwerbsalter für immer mehr Rentner aufkommen müssen. „Nun müssten die Erwerbstätigen dafür immer höhere Beiträge bezahlen. Das ist nicht zumutbar. Deshalb müssen wir die Rentenversicherung reformieren“, sagt Prof. Monika Schnitzer.
Eine schnelle Maßnahme könnte sein, die „Rente mit 63“ abzuschaffen. Sie kosten jährlich 36 Mrd. Euro. Und die Wiedereinführung des Nachhaltigkeitsfaktors würde die Rentenversicherung entlasten durch eine Dämpfung in der Rentenanpassungsformel. Im Bundeshaushalt sind für 2026 197 Mrd. Euro für Arbeit und Soziales vorgesehen, davon 128 Mrd. Euro für die Rentenversicherung. Das sind 38 % bzw. 25 % des Gesamthaushalts, bei steigender Tendenz in den folgenden Jahren. So kann es nicht weitergehen!
Und was macht die Bundesregierung jetzt? Sie bringt ihr großes sozialpolitisches Vorhaben auf den Weg und setzt sich damit über vielfältige Bedenken von Ökonomen hinweg. Das Bundeskabinett will eine stärkere Rentenerhöhung und eine weitere Anhebung der sog. Mütterrente beschließen. Das kostet zusätzliche 200 Mrd. Euro bis 2040, diese sollen durch Zuweisungen aus dem Bundeshaushalt aufgebracht werden. Daraus kam ich nur schlussfolgern: Bärbel Bas ist eine Fehlbesetzung im Bundeskabinett. Wo bleibt die Rentenreform? Manfred Kobusch
