Der Herbst der Reformen, was wird er bringen?

Der Herbst der Reformen, was wird er bringen?

Eines ist der schwarz-roten Koalition in ihrer kurzen Amtszeit schon gelungen: eine wachsende Beunruhigung der Rentner. Und Marcel Fratscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, setzt noch eins drauf. Die ältere Generation müsse sich stärker einbringen, etwa im Sozialbereich. Sein Ziel ist, mehr Solidarität zwischen den Generationen zu schaffen. Dafür sollten sich alle Rentner am Ende ihres Arbeitslebens sozial verpflichten.

Ich kann mich Joachim Lautensack, Vorsitzender des Seniorenverbandes Öffentlicher Dienst Baden-Württemberg, nur anschließen, wenn er von einer „dümmlichen Forderung“ spricht. Ein Drittel der Älteren sei schon ehrenamtlich aktiv, in der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen seien es rund 44 Prozent. Hinzukämen unverzichtbare familiäre Hilfen, die sich statistisch kaum erfassen lassen.

Zu Beginn der Sommerpause hat Bundeskanzler Friedrich Merz die Deutschen auf beherzte Reformen im zweiten Halbjahr eingestimmt, in dem er von einem wirklichen Wechsel der Sozialpolitik sprach. Denn das Schrumpfen der Wirtschaft und der Anstieg der Arbeitslosigkeit auf etwas mehr als 3 Millionen haben die Ursachen darin, dass die Sozialausgaben immer weiter steigen.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erwartet schwierige Diskussionen zu den Themen Bürgergeld, Rente, Krankenversicherung und Pflege. Die Älteren sind von fast allen Bereichen betroffen, sicherlich in unterschiedlichem Umfang. Positiv sehen wir, dass der Demographie-Faktor in der Rentenformel bis 2031 ausgeschaltet wird, damit die Renten stärker steigen, als es nach heutiger Rechtslage der Fall wäre. Den Nachteil hat die jüngere Generation, die statt 18,6 % bald 22 % Rentenbeitrag zahlen muss.

Der Krankenversicherung geht es so schlecht wie nie, obwohl die Beitragssätze auf ein Rekord-Niveau von ca.17,5 % gestiegen sind. Die Koalition plant, die Beitragssätze stabil zu halten, dafür benötigt man Wirtschaftswachstum und Ergebnisse einer Expertenkommission, die erst 2027 vorliegen sollen. Bis dahin soll eine Krankenhausreform greifen, nach der sich Kliniken spezialisieren und kooperieren sollen.

Auch in der Pflegeversicherung steigen die Beitragssätze auf Rekordhöhe. Trotzdem betrug das Defizit 2024 1,5 Milliarden Euro. Die Eigenanteile für Heimbewohner erreichen im ersten Betreuungsjahr mehr als 3100 Euro im Monat. Wer kann den Betrag aufbringen? All‘ das liegt an der Demographie und an stark steigenden Kosten, darunter auch für das Personal. Hier hat die Ministerin eine Kommission eingesetzt, die prüfen soll, ob sich die Eigenanteile begrenzen lassen oder ob Karenzzeiten sinnvoll sind.

Allen ist klar, dass wir die Ausgaben für die Pflegeversicherung nicht weiter so ansteigen lassen dürfen. Monika Schnitzler, die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, sagt, natürlich müsse es Unterstützung geben, aber es müsse auch klar sein, dass jeder damit rechnen muss, irgendwann einmal ein Pflegefall zu werden. Dafür müsse er auch selbst vorsorgen. „Aber solange die Menschen noch Vermögen besitzen, auch wenn es ein Eigenheim ist, dann muss das eben herangezogen werden.“  Man könne nicht erwarten, dass der Staat das Eigenheim schützt, wovon am Ende die Erben profitieren, aber die Kosten der Pflege von der Allgemeinheit getragen würden.

Das alles sind für uns Ältere beunruhigende Aussichten. Schwere nachträgliche gesetzliche Eingriffe in ihre Besitzstände sind so lange ausgeschlossen, wie die Politik eine Reform verweigert, die eine verlässliche generationengerechte Finanzierung der Sicherungssysteme bringt. Union und SPD erhöhen die Ansprüche der Alten aber noch, auf Kosten der Jüngeren. Das ist kurzfristig eine schöne Entwicklung, aber wer will den Jüngeren verdenken, wenn sie sich irgendwann für einschneidende Vorschläge erwärmen, die heute noch als ungerecht verworfen werden?                                                                                                                                                                                                                       Manfred Kobusch