Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung lud ein und der Besucherdienst hat das dreitägige Programm erstellt. Der Bus fuhr zu früher Stunde aus Achim ab, nahm in Hannover einige Liberale Senioren auf, und machte in Marienborn die erste Rast bei der Gedenkstätte „Deutsche Teilung“.
Die Grenzpassage Helmstedt / Marienborn gehört zu den herausragenden Orten der Erinnerung an die deutsche Teilung. An der Nahtstelle zwischen Ost und West entwickelte sich die DDR-Grenzübergangsstelle Marienborn zum größten und wichtigsten Kotrollpunkt an der innerdeutschen Grenze, die nicht nur Deutsche von Deutschen trennte, sondern ganz Europa und die Welt in zwei gegensätzliche Machtblöcke spaltete. Sie ist ein Ort des Erinnerns an die Menschen, die durch das Grenzregime der DDR ihre Heimat verloren, Leid und Unrecht erfuhren oder getötet wurden.
Der Guide, der uns durch das Territorium begleitete, zeigte uns u.a. das Passförderband zur Identitätskontrolle der Reisenden. Der Zoll suchte nach Zeitschriften und Konsumartikeln, deren Ein- und Ausfuhr verboten war, in der Kontrollgarage prüfte der Zoll, ob in den Fahrzeugen Flüchtlinge versteckt waren und von der Beschaubrücke aus suchten Grenzsoldaten bei der Ausreise nach Personen, die auf den LKW ggf. versteckt waren.
Mit dem Satz „Bekannte im Konsum, Verwandte im Westen, da geht’s uns am besten“ wurden wir Besucher verabschiedet und an den Humor in der DDR erinnert. Auch dafür vielen Dank.
Weiter ging es über Potsdam mit Mittagessen im Hotel Sanssouci zum Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in die Ausstellung konnten wir individuell die Gedenkstätte besuchen und uns in die Thematik der „Endlösung der Judenfrage“ vertiefen. Sie zeigt die Geschichte der Ausgrenzung, Definition und Kennzeichnung der Juden bis hin zu den systematischen Deportationen und dem Massenmord durch das Prisma der Besprechung am Wannsee. Diese Besprechung am 20. Januar 1942 steht für den arbeitsteiligen Prozess der Verfolgung und Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden.15 Vertreter des nationalsozialistischen Regimes, der SS und des Sicherheitsdienstes treffen sich anderthalb Stunden zu einem Frühstück im Gästehaus von der SS und besprechen die Organisation der gewaltsamen Verschleppungen und des Mordes.
Die Ausstellung klärt auch darüber auf, was Antisemitismus ist, wie er sich vor dem Massenmord entwickelt und was bis heute von ihm bleibt. Einige von uns sind nach dem Rundgang erkennbar emotional bewegt. Danach fahren wir zum Hotel nach Friedrichshain nahe der East Side Gallery.
Am nächsten Morgen erwartete uns leichtere Kost, die Stadtbesichtigung beginnt mit der Busfahrt über die Karl-Marx-Allee, wo die DDR schon 1952 die bessere Wohnungssituation gegenüber dem Westen zeigen konnte und wo der Aufmarschplatz zum 1. Mai war. Weiter ging es zum 367 m hohen Fernsehturm am Alex, durch weitere östliche und westliche Stadtteile, am Schloss Bellevue, dem Dienstsitz des Bundespräsidenten vorbei zum Ministerium für Digitales und Verkehr, wo uns der Leiter des Besucherdienstes schon erwartete.
Hier wurde uns zunächst die Struktur des Ministeriums erklärt, mit vier Staatssekretären, einer war bis zum Ampel-Aus Gero Hocker, Minister Wissing hingegen blieb! Dann kam Staatssekretär Hartmut Höppner und erläuterte uns einige Themen, wie das D-Ticket, den A20-Weiterbau, die hohe Auslastung der Fernstrecken, die Verlegung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, sowie der Trassenbau in Niedersachsen und die Verbindung von ÖPNV und Fernnetz. Die umfassende Sanierung der Bahn nimmt weiterhin einen hohen Stellenwert ein.
Nach dem Mittagessen in der Oranienburger Straße nahmen wir an der Führung durch die Dauerausstellung „Tränenpalast“ teil, die ehemalige Ausreisehalle von der DDR nach Westen am Bahnhof Friedrichstraße. Wie kaum ein anderer Ort erinnert der Pavillon an die Teilung Deutschlands, viele mussten hier Abschied nehmen von Freunden und Verwandten. Die Ostdeutschen wurden schmerzhaft daran erinnert, dass die Grenze für sie verschlossen war, andere erlebten ohnmächtig die schikanösen Grenzkontrollen.
Nicht weit entfernt südlich des Brandenburger Tores wurde das Denkmal für die ermordeten Juden Europas errichtet. Hier konnten wir alleine durch ein Feld von 2711 Stelen durchschreiten. Die Stelen sollen an Grabsteine oder Sarkophage erinnern. Die Publizistin Lea Rosh hatte 1988 den Bau angeregt, 2003 wurde der Entwurf von Peter Eisenman realisiert und 2005 eröffnet. Eisenman deutete das Denkmal als „wogendes Weizenfeld“ oder auch als „Ort ohne bestimmte Bedeutung“. Eine unterirdische Gedenkausstellung ergänzt den Komplex.
Damit endet auch dieser Tag mit bedrückenden Erinnerungen, und wir fuhren zurück zum Hotel. Am Abend suchten wir wieder etwas Ablenkung in einem der zahlreichen Restaurants nahe der früheren Mercedes-Benz Arena und der heutigen Uber-Arena.
Der dritte Tag sollte nicht so schwermütig verlaufen wie die vorherigen, obwohl Geschichte in Berlin allgegenwärtig ist. Der Tag begann mit dem Besuch des Deutschen Bundestag. Zur Enttäuschung einiger Mitfahrer war die Sitzungswoche verlegt worden, sodass das Plenum leer war, nur diverse Gruppen waren auf der Besuchertribüne anwesend, während der Mitarbeiter vom Besucherdienst vieles erklärte und zahlreiche Fragen beantwortete. Mein Wunsch, das Parlament noch einmal und dieses zum letzten Male in Aktion zu sehen, ging leider nicht in Erfüllung.
Nach einer Stunde mussten wir die Tribüne verlassen, konnten danach auf die Kuppel hinaufgehen und einen imposanten Rundblick über Berlin genießen. Danach war endlich Gelegenheit, mit Gero Hocker, der uns eingeladen hatte, ausführlich zu diskutieren. Nach dem obligatorischen Foto wurde für uns das Mittagessen im Palais neben dem Brandenburger Tor serviert.
Nun stand nur noch ein Museum auf unserem Besuchsplan, das militärhistorische Museum Flugplatz Berlin-Gatow. Hier ist der historische Ort der ehemaligen nationalsozialistischen Luftkriegsschule Gatow. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Royal Air Force den Flugplatz, sodass die Briten ein Drittel aller Flüge der Berliner Luftbrücke über ihren Flughafen abwickelten. Hier konnten wir die ersten Fluggeräte sehen, dann die Maschinen des Deutschen Reiches, wie Fieseler „Storch“, Junkers JU52 und Messerschmitt Me163 sowie eine Dornier Do-27 und einen Lockhead F-104 „Starfighter“ der Deutschen Luftwaffe und eine Antonow aus DDR-Beständen.
Zum Schluss war unsere Aufnahmefähigkeit erschöpft, und wir fuhren ermüdet nach Hause. Ein Stau auf der Autobahn mit weiten Umwegen machte uns nichts mehr aus, ein Dank für die hervorragende, pannenlose Organisation geht an Benjamin Berg, einen Wahlkreismitarbeiter von Gero Hocker. Die Mitfahrer aus Achim und Umgebung hatten noch eine Stunde länger vor sich als wir aus der Region Hannover.
Berlin ist immer eine Reise wert, die Geschichte durch so viele Epochen, in der vielfach Zerstörung und unendliches Leid über die Menschen gebracht wurden, darf nicht vergessen werden. Und die Wiedervereinigung ist hoffentlich der Abschluss dieser unseligen Zeit. Im Sommer ist Berlin noch viel schöner, unsere Hauptstadt mit vielen Parks, Wasserstraßen und Seen. Drum fahr‘ ich nächstens wieder hin!
Manfred Kobusch