Jedes Jahr im Herbst mache ich mir wieder Gedanken über die Gräber meiner Verstorbenen, die in mehreren Städten liegen. Die Besuche verbinde ich mit Spaziergängen über die oft parkartigen Friedhöfe. Dabei kann ich die Anpassungen des Alltags vergessen, die Probleme fallen von mir ab. Es ist Totensonntag, vergleichbar mit Allerseelen in der katholischen Kirche. Die evangelische Kirche bezeichnet ihn auch als Ewigkeitssonntag, er ist ein Gedenktag für die Verstorbenen. Dann denke ich an die Vergangenheit, an die Menschen, die nicht mehr bei uns sind, ich denke aber auch an das Leben, an unsere Zukunft.
In Isernhagen haben wir mehrere Friedhöfe und Kirchen, St. Christophorus, St. Marien und St. Nikolai. Letztere ist die älteste, der Bau der ursprünglichen romanischen Kapelle geht auf das 12. Jahrhundert zurück, mit späterem Umbau und Erweiterung zu einer gotischen Kirche mit Chor und hölzernem Turm. An dieser Kirche liegt der alte Friedhof mit ein paar hohen Bäumen, ein richtiger Kirchhof und noch ein dazugehöriger Friedhof in Neuwarmbüchen.
Beim Bummeln über diese Friedhöfe schaue ich auf die Gräber und stelle fest, dass die anonymen Bestattungen und Urnengräber leider zunehmen. Dabei sagen doch die Gräber und die Grabsteine so viel über das dörfliche Leben und die Familien aus. Neben den Denkmälern für die Gefallen der Weltkriege gibt es große Familiengräber, oftmals von bäuerlichen Familien, die schon in vierter und fünfter Generation hier leben. Das wird sich in Zukunft ändern, die Mobilität der Menschen wird zunehmen. Das zeigen Einzelgräber oder kleine Doppelgräber schon jetzt, Namen tauchen nur noch einmal auf.
Der Ewigkeitssonntag, das Ende des Kirchenjahres, ist mir zum ersten Male bewusst geworden, als unser Pastor mich zum Sonntag in die Kirche einlud, da in jenem Jahr meine Mutter verstorben war. Als dann ihr Name aufgesagt wurde in der kahlen, weiß getünchten reformierten Kirche, erschien es mir wie ein Ruf aus dem Jenseits. Und da musste ich an den Untertitel auf der Willkommensseite der Liberalen Senioren denken: Mit uns in die Zukunft.
Die Zukunft: Was bringt uns das Leben noch, wie viele Jahre liegen noch vor uns, den Älteren? Welche Wünsche kann ich mir noch erfüllen? Erlebe ich noch die Einschulung meiner Enkel, kann ich an deren Abiturfeier noch teilnehmen? Nach dem christlichen Glauben gibt es ein Leben nach dem Tode, das ewige Leben. Also doch: Mit uns in die Zukunft!